Page 4 - exficon Zoll.Export Oktober 2015
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   tionsbank (EIB), von Entwicklungs- sowie klassischen Geschäftsbanken genutzt werden. Eine Projektfinanzierung zeichnet sich durch mehrere Elemente aus: Zum einen ist markant, dass stets ein neues Unternehmen gegründet wird – die Pro- jektgesellschaft bzw. das Special Purpose Vehicle (SPV).
Dieses Unternehmen kann natürlich keine bestehenden Geschäftsaktivitä- ten vorweisen und daher auch keine Jahresabschlüsse etc. vorlegen. Daher wird ein Kredit auf künftig zu erwarten- de Zahlungsströme abgestellt (Cashflow basierte Finanzierung). Typische Anwen- dungsfelder sind Infrastrukturprojekte zur Basisversorgung wie z. B. Kraftwerke. Aber auch Projekte im Transportbereich (Mautstraßen, Autobahnen, Tunnel, etc.) werden oft als Projektfinanzierung rea- lisiert. Die Zahlungsströme der Projekt- gesellschaft werden i. d. R. durch eine langfristige Abnahmeverpflichtung der öffentlichen Hand garantiert.
Viele vorteilhafte Finanzierungen bzw. De- ckungen für Kreditelemente sind nur dann möglich, wenn die Struktur des Geschäfts zur Art der Förderung passt. Bei kleineren Projekten mit Volumina von unter 10 Mio. Euro sollten bereits in der Anbahnung des Geschäfts die Vereinbarungen so getrof- fen werden, dass entweder die Bedin- gungen einer ECA, einer Bank oder eines passenden Förderinstituts erfüllt sind.
Es bietet sich daher an, frühzeitig mit ei- nem Partner das Gespräch zu suchen, um die beste Finanzierung für das jeweilige Projekt zu identifizieren. Oftmals scheitern Projektanträge daran, dass bereits getrof- fene Liefer- bzw. Zahlungsvereinbarungen nicht kompatibel mit dem Regelwerk der OECD sind, dem selbstverständlich auch EulerHermes unterliegt.
Je später man damit beginnt, eine Finan- zierungslösung zu strukturieren, die man dem Kunden präsentieren möchte, oder Überlegungen trifft, eine Absicherungen des Geschäfts abzuschließen, desto grö- ßer ist das Risiko einer Absage. Unserer Erfahrung nach betrifft das insbesondere Projekte mit kleinerem Volumen.
»Haben deutsche Exporteure eine Chance, konkurrenzfähige Finanzierungs- modelle anzubieten? Ja, haben sie!«
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es genügend Finanzierungsmöglichkei- ten für gut strukturierte, weit entwickelte Projekte gäbe. Man könnte einwenden, dass die Anpassung der Liefer- und Zah- lungsstruktur ein zusätzlicher Aufwand ist, den ausländische Wettbewerber so nicht betreiben müssen und der deutsche Ex- porteure ins Hintertreffen bringen könnte.
Das ist grundsätzlich richtig, der Aufwand jedoch lohnt sich, insbesondere vor dem Hintergrund, dass ein attraktives Angebot mit großer Wahrscheinlichkeit Folgeauf- träge nach sich zieht. Vor allem in Afrika gibt es in benachbarten Ländern ver- gleichbare Bedarfe. Da die Grundversor- gung in vielen Ländern nicht hinreichend sichergestellt ist, haben erfolgreiche Pro- jekte Signalwirkung in eine ganze Region.
Gelingt es einer Regierungseinheit oder einem Unternehmen, zu einem günstigen Preis (d. h. unter Berücksichtigung der Finanzierungskosten über die Laufzeit) hochqualitative deutsche Produkte zu er- werben und damit Teile der Bevölkerung besserzustellen, bleibt das anderen Staa- ten nicht verborgen.
Der Austausch unter Regierungs- und Wirtschaftsvertretern (nicht nur in Afrika) ist intensiv. Die Erfahrung zeigt, dass nach Abschluss von Projekten oftmals weitere Aufträge anderer Länder und be- nachbarter Regionen folgen. Wer sich be- reits als potenter Lieferant bewiesen hat, erntet Pluspunkte.
Aus unserer Erfahrung können wir also nur dazu motivieren, v. a. bei öffentlichen Ausschreibungen stets die ausschreiben- de Stelle zu fragen, ob eine passende Finanzierungslösung von Interesse ist –
auch wenn das in den Ausschreibungs- unterlagen nicht explizit genannt sein soll- te. Sie werden sehen, dass ein solches Angebot bei Ihrem Kunden auf Interesse stoßen wird!
Export- und Zollpraxis kompakt
      Chiara-Felicitas Otto
ist Geschäftsführerin der exficon GmbH in Frankfurt am Main, einer Beratungsfirma, die sich auf die Struk-
turierung von Finanzierungslösungen für Projekt- und Exportfinanzierungen in Schwellen- und Entwicklungslän- dern spezialisiert hat. exficon arbeitet branchenübergreifend mit europäi- schen Mittelständlern und Projektent- wicklern zusammen und konnte bis heute zahlreiche Projekte erfolgreich mit ihnen realisieren.
Kontakt: kontakt@exficon.de www.exficon.de
Nick Fischer
ist Junior Consultant bei der exficon GmbH. Seit Abschluss seines dualen Studiums an der DHBW in Stuttgart
studiert er International Management (MSc.) an der Audencia School of Ma- nagement in Nantes, Frankreich.
 www.zoll-export.de
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