Page 2 - exficon Zoll.Export Juni 2016
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    Welche zoll- und steuerrechtlichen An- reize bestehen und wie können deut- sche Projektpartner davon profitieren?
 Wie könnten erste Schritte aussehen, um in der Region Fuß zu fassen?
Ghana – ein bekannter Name mit unbekannten Incentives
Durch die Vergangenheit als Kolonie der englischen Krone gilt in Ghana Englisch als Amtssprache, und auch das ghanai- sche Rechtssystem ähnelt dem UK-Law stark. Für Handelspartner und Investoren ist dies ein bedeutender Vorteil: UK-Law gilt als bewährtes Handelsrecht. Zudem ist die ghanaische Rechtsprechung lokal durchsetzbar. Die Rechtssicherheit hat Signalwirkung – regelmäßig herrscht v. a. bei ausländischen Direktinvestitionen in Entwicklungsländern die Sorge vor Enteignung oder sonstigen staatlichen Interventionen.
Neben der Rechtssicherheit ist auch die politische Stabilität bedeutsam. Im November 2016 werden in Ghana Prä- sidentschaftswahlen stattfinden. Selbst
wenn die 2012 unterlegene Opposition nach den Wahlen dem Sieger Betrug un- terstellte, gelten Wahlkampf und Wahlen als verhältnismäßig transparent. Ghana gilt als das demokratischste Land in Zen- tral- und Westafrika . Unter Investoren hat Ghana schon lange den Ruf des „sicherer Hafen“ des Kontinents.
Unter den prominentesten Investoren befindet sich Google. Der US-Konzern hat bereits begonnen, 1.000 km Glasfa- serkabel in der Landeshauptstadt Accra sowie in Tema und Kumasi zu verlegen. Für deutsche Unternehmen sind insbe- sondere Investitionen der öffentlichen Hand in die Basisinfrastruktur des Lan- des von Interesse. Für Exporteure sind bei Lieferungen an staatliche Abnehmer die Bedenken häufig geringer, als bei Lieferungen an den Privatsektor, da eine Staatsgarantie bzw. ein mit einem Ministe- rium geschlossener Vertrag vermeintliche Zahlungssicherheit suggeriert.
Dabei ist zu bedenken, dass EulerHer- mes, der staatliche Exportkreditversiche- rer Deutschlands, Geschäfte mit dem öffentlichen Sektor Ghanas historisch bedingt zwar noch immer kritisch sieht, aber seit ca. zwei Jahren Deckungen für solche Geschäfte unter bestimmten Be- dingungen zusagt. Zuvor wurden aus- schließlich Exporte an Privatunternehmen in Deckung genommen. Jedoch sind es gerade Lieferungen an den öffentlichen Sektor, die oftmals von Zollerleichterun- gen profitieren.
Importe für die öffentliche Daseinsfür- sorge (Feuerwehr, Polizei, Krankenwa- gen) sind i. d. R. komplett zollfrei. Das importierende Ministerium wird direkt fi- nanziell entlastet und erhält seine Ware meist schneller, da das aufwendige Ver- zollungsverfahren entfällt. Im speziellen Fall von Einsatzfahrzeugen für Feuerwehr, Polizei und ärztlichem Notdienst ist noch eine weitere Besonderheit zu beachten:
Während die Einsatzfahrzeuge vollstän- dig von Zollgebühren befreit sind, gel- ten für Ersatzteile üblicherweise norma- le Zollsätze. Wird mit dem Auftrag ein Ersatzteilpaket mitgeliefert, kann für das
gesamte Projektvolumen die Zollbefrei- ung beantragt werden – ein nicht unwe- sentlicher Vorteil. Neben den Produkten zur öffentlichen Daseinsfürsorge sind u. a. auch solche Produkte zollfrei, die der regenerativen Energiegewinnung dienen.
Dazu zählen ganze Solarthermie-, Wind- und Photovoltaikanlagen, aber auch einzelne Module. Unsere Erfahrung mit einem ghanaischen Unternehmen, das Solarmodule und Akkumulatoren aus Deutschland zollfrei importiert und lokal als komplette Solar-Heimsysteme ver- treibt und installiert zeigt, dass der Me- chanismus greift. Uns ist die Planung ei- nes großen Solarprojekts bekannt, das als Projektfinanzierung realisiert werden soll.
Der Clou: Nicht nur der Import der Mo- dule, sondern auch die regenerative Stromerzeugung mit Solarmodulen un- terliegt einem staatlichen Anreizmecha- nismus. Gewinne unterliegen einer bis zu zehnjährigen Steuerbefreiung („tax- holidays“). Dies dient der Bekämpfung des wohl größten Wettbewerbsnachteils des westafrikanischen Musterschülers: Strom-Knappheit und tägliche Stromaus- fälle, die ein großes Hemmnis für stetes Wirtschaftswachstum darstellen.
„Der rasant
wachsende Binnenmarkt lässt den Groß- und Einzelhandel in Nigeria boomen.“
Nigeria – der zukünftige Gigant der Region
Nigeria ist bereits heute das bevölkerungs- reichste Land sowie die größte Volkswirt- schaft Afrikas. Nach einer Schätzung der Zeitschrift The Economist wird Nigeria bis 2050 das Land mit der drittgrößten Bevöl- kerung der Welt sein. Jedoch warten noch wichtige Aufgaben auf Nigeria. Politisch gilt das Land als „stark defekte Demokra-
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